Suche Frieden und jage ihm nach (Psalm 34,15) Gegenwärtige Herausforderungen der Friedensethik

In der oben genannten Podiumsdiskussion ging es um eine mögliche christliche Ausgestaltung eines deutschen Beitrages zum Frieden in der Welt. Auch wenn der Ukraine-Russland-Konflikt in diesem Rahmen genannt wurde, so nur als Veranschaulichung allgemeiner Friedensethik. Es diskutierten in der Hauptsache zwei der vier Teilnehmer auf sehr hohem Niveau: Prof. Fernando Enns (mennonitischer Friedenstheologe) und Prof. Heinz-Gerhard Justenhoven (röm.-kath. Friedenstheologe).

Besonders beachtenswert war das äußerst hohe Niveau in dieser Debatte, was der Freundschaft der beiden Professoren und zugleich gegensätzlichen Meinung geschuldet war. So wurde durchaus pointiert zugespitzt; jedoch immer im Wissen, dass der Gesprächspartner diese Zuspitzung nicht als Verletzung ansehen würde. Die Grundspannung entsprang dabei der Frage nach einer pazifistischen Auslegung des Neuen Testaments, wenngleich sich beide darin einig waren, dass Deutschland und man selbst durchaus intervenieren darf und sollte.

Für Fernando Enns steht fest, dass Jesus niemals Waffe geliefert hätte, weshalb er eine Intervention nur im pazifistischen Rahmen befürwortet. Alles Andere entspräche nur der inneren Logik eines sich immer verstärkenden Krieges. (Wie er hingegen Mat 10,34 in auslegt, wurde nicht besprochen.) Er plädierte in diesem Rahmen für eine Verstärkung der Friedensmissionen und einer Versöhnung. Justenhoven hingegen versucht einen eher Konsequenz-orientierten Weg nach der Frage von Intervention zu gehen. Für ihn fordert der Grundsatz, den Gebeugten zu helfen, dazu auf, zur Not auch militärische Hilfe zuzulassen. Die Zuspitzung erfolgte zum Schluss folgendermaßen: Enns wirft Justenhoven vor, den Konflikt nur mehr anzuheizen. Weiterhin müsse man nach Justenhovens Logik die Bombardierung Dresdens und die Atombombenabwürfe auf Japan als richtig und geboten ansehen. Dies könne aber nicht sein. Justenhoven wirft hingegen Enns vor, dass nach seiner Logik nur die Kapitulation der Ukraine übrig bliebe, was ebenfalls nicht Ziel deutscher Friedensethik sein könne und so auch den Gebeugten nicht geholfen würde.

Es konnte am Ende, was jedoch kein Problem darstellte, kein Konsens darüber erreicht werden, wie welchen Gebeugten auf beiden Seiten zugleich angemessen geholfen werden kann. Auch die Legitimität des Nachkommens der Forderung militärischer Unterstützung für die Selbstverteidigung eines Landes konnte nicht geklärt werden. Der Unwille über das Zulassen der Macht des Stärkeren widerstrebte hier der streng pazifistischen Grundeinstellung Enns.

Insgesamt handelte es sich um ein sehr gelungenes Gespräch zweier Freunde im Geiste und Feinde in der Sache.

Aaron-Noel Nachtigall

Samstag, 11.00 – 13.00 Uhr