Hey du,
ich möchte mich gern einmal vorstellen: ich bin Anne Rudek, 20 Jahre alt und komme aus der Nähe von Leipzig. Ich studiere Allgemeine Verwaltung in Meißen und bin gerade im 4. Semester.
Zusammen mit meiner Gruppe, bestehend aus David Renz, Julia Hillemeyer, Bastian Creutzburg und mir waren wir auf Veranstaltungen des 38. Evangelischen Kirchentag in Nürnberg. Von unseren Impressionen und Anregungen der gemeinsam besuchten Veranstaltung am Freitag (09.06.2023) möchte ich euch in diesem Blogeintrag gern berichten.
Nach einem anstrengenden, aber gleichzeitig schönen Start in den Kirchentag ging es für unsere Gruppe am Freitag zu der Nacht der Lichter. Dieser meditative Gottesdienst wurde mit Gesängen aus Taizé in unterschiedlichen Sprachen gestaltet. Wir haben uns diesen Programmpunkt rausgesucht, da wir nach einem schönen und harmonischen Tagesausklang gesucht haben und nach den Informationsüberladungen aus den Podiumsdiskussionen und Workshops gerne einen entspannten Ausgleich gesucht haben. Gleichzeitig beeindruckte uns das Erlebnis besonders, da es in der Frankenhalle stattfinden sollte, die Platz für knapp 5.000 (!) Menschen bereithält. Dementsprechend war unsere Erwartungshaltung ziemlich hoch, die auch erfüllt wurde. Die Nacht der Lichter ist deshalb auch besonders, weil die Gemeinschaft von Taizé (Burgund, Frankreich) Brücken bauen möchte zwischen den unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen. Bekannt sind dabei die einfachen, eingängigen und oft wiederholten Lieder in unterschiedlichen Sprachen.
Der Chor saß direkt neben der Bühne. Das war für mich etwas befremdlich, warum der Chor nicht auf der Bühne saß. Stattdessen war auf der Leinwand ein Bundglasfenster projiziert und auf der Bühne waren Kerzen aufgestellt. Der Gottesdienst begann mit den Liedern „Jubelt und freut euch“, „Misericordias Domini“ und „Atme in uns“. Es folgte eine Lesung (Epheser 5, 8-14). Nach „Christe, lux mundi“ folgte eine lange Stille. Während des Liedes „Jésus le Christ“ wurden die Kerzen, die in der Mitte der Halle in Kreuzform aufgestellt waren, entzündet. „Halleluja“ wurde mit Versen aus Psalm 139 gesungen. Darauf schloss sich das Evangelium (Matthäus 5, 13-16) sowie die Lieder „Christus ressurexit“, „Nada te turbe“ und „Kyrie“ mit Fürbitten an. Dem Vater unser folgten „Da pacem…in diebus“, ein Segensgebet, „Bonum est confidere“, „Herre visa mig vägen“, „Adoramus te O
Christe“ und „In manus tuas, Pater“. Zum Abschluss stimmte der Chor weitere Gesänge, unter anderem „Bleibet hier“ und „Bless the Lord“ an. Direkt vor der Bühne wurde ein Kreuz niedergelegt, auf das jede*r seinen Kopf auflegen kann, um sich von den Lasten zu befreien und auf Jesus abzuladen, die zu schwer sind, um sie zu tragen.
Da ich nicht christlich geprägt bin und somit wenige Gottesdienste bisher besucht habe, war ich nahezu geflasht von dieser Erfahrung. Ich fand es besonders beeindruckend, wie stark diese Momente auf mich wirkten. Eine unglaublich starke Energie schien den Raum während der Gesänge zu füllen. Die Melodien lösten viele verschiedene Emotionen in mir aus. Ich merkte, wie viel den Menschen der Glaube bedeutete und welche Kraft daraus entstehen kann. Bei anderen Gottesdiensten war es mir oft sehr befremdlich gewesen, den Lobpreisungen von Gott und Jesus zu lauschen und ich hatte keine Verbindung zwischen mir und dem christliche Glauben spüren können. In dieser Halle, wo tausend Menschen sangen, fühlte ich mich der christliche Gemeinschaft, die ich auch über den ganzen Kirchentag hinaus positiv empfunden habe, plötzlich unglaublich nahe. Es wurden Lieder in vielen unterschiedlichen Sprachen gesungen und die Solos einzelner Chormitglieder waren sehr gut gestaltet, sodass trotz der oft wiederholten Liedzeilen durch instrumentale und vokale Ergänzungen es für mich nicht zu eingängig wurde. Ich empfand diese andere Art der Gottesdienstgestaltung sehr bewegend und meditativ. Direkt
danach fühlte ich mich beflügelt und glücklich auf einer ganz anderen Art und Weise. Das ist auch ein Aspekt, warum der Kirchentag für mich so ein tolles Erlebnis war, da man mal über den eigenen Tellerrand hinausschauen kann und andere Formate kennenlernt. Für mich ist genau das bei dieser Veranstaltung passiert und auch einige Tage später ist für mich die Wirkung immer noch deutlich. Es war einfach eine komplett neue Erfahrung für mich. Leider bin ich auf Gottesdienste der Taizé-Gemeinschaft vorher noch nie getroffen. Die komplette Ausgestaltung empfand ich als sehr gelungen, die Lesungen waren, soweit ich das beurteilen kann, passend ausgewählt und jeweils auch mindestens neben Deutsch auch auf Englisch gehalten wurden. Zu sehen, wie viele Menschen zur Bühne strebten und ihre Köpfe auf das Kreuz senkten, führte mir nochmal die unglaublich große Anziehungskraft, die dieses Ritual erzeugte, vor Augen. Gleichzeitig stimmte es mich nachdenklich. Welche Lasten müssen diese Menschen tragen? Und wie schwer müssen sie sein, dass sie diese auf Christus abladen? Was belastet denn eigentlich mich im Moment? Von welchen Lasten möchte ich mich an diesem Abend befreien? Plötzlich fühlte ich mich selber unglaublich nahe und ergründete die Tiefen meiner Selbst. Und tatsächlich glaube ich, mich von der einen oder anderen Last befreien zu können, zumindest kamen sie mir leichter vor. Ich möchte zukünftig gern wieder solche Gottesdienste besuchen, denn die Nacht der Lichter hat mir wahnsinnig gut gefallen und gutgetan.
Insgesamt empfehlen wir jedem, die Nacht der Lichter selbst einmal zu erleben, denn man findet dort zu sich selbst und gleichzeitig singt und betet man gemeinsam. Wir haben ein wirklich gutes Gefühl aus dieser Veranstaltung mitnehmen können und hoffen, dass auch beim nächsten Kirchentag die Gesänge aus Taizé verklingen werden.